RAG

Mit Ihrer Stimme vor Ort aktiv erinnern und Demokratie unterstützen

Nordhessen-Südniedersachsen

Hessen

Sprecher:
Hans-Peter Klein
05661 - 53670
hpitklein@gmail.com

Kurzbeschreibung

Die Mitglieder des Sprecherrates sind:

  • Dr. Marion Lilienthal
  • Wolfgang Matthäus
  • Thomas Ewald, VHS

„Holocaust Furniture“ – Ein nicht alltägliches Geschenk

Foto: Regionalgruppe Nordhessen-Südniedersachsen

Bücherschrank aus dem Besitz der jüdischen Familie Rothschild kehrt zurück an seinen Ursprungsort

Im Mai 2024 bekam Hans-Peter Klein von der Stolperstein-Initiative Melsungen und Regionalsprecher des Vereins „Gegen Vergessen- Für Demokratie e.V.“ Regionalgruppe Nordhessen – Südniedersachsen von Hilary Rothschild das Angebot, einen Bücherschrank aus dem Besitz seines Vaters Dr. Hanns Joseph Rothschild aus Südafrika an seinen Ursprungsort zurückzuführen und an einem geeigneten und würdigen Ort aufzustellen.

Hanns Joseph Rothschild wurde am 14. Juli 1930 als Sohn von Hugo Rothschild und seiner Ehefrau Bertha, geb. Levy geboren. Die Familie lebte zusammen mit den Eltern von Bertha Rothschild und deren beiden Brüdern in der Brückenstraße 48 (heute Brückenstraße 12). Julius und Rebekka Levy betrieben dort ein Textilwarengeschäft. Julius Levy war Vorsteher der jüdischen Gemeinde und wurde 1919 zum Stadtverordneten gewählt. Ihnen sowie weiteren Mitgliedern der Familie Levy gelang in den 1930er Jahren die Flucht nach Südafrika. Dabei konnten sie Mobiliar und Inventar aus dem Haus in der Brückenstraße nach Johannesburg überführen. Hugo Rothschild, seiner Frau Bertha und dem Sohn Hanns Joseph war eine Ausreise nach Südafrika nicht mehr möglich. Sie flohen nach Belgien und lebten in Brüssel. Hugo und Bertha wurden von dort nach Auschwitz deportiert und ermordet. Hanns Joseph Rothschild überlebte in Belgien mit Hilfe zweier belgischer Familien. Nach dem Krieg sorgten Familienangehörige aus Südafrika dafür, dass er nach England ziehen und von dort nach Südafrika auswandern konnte. Er studierte dort Medizin, und arbeitete als Arzt in verschiedenen Kliniken in Südafrika. Er war verheiratet mit Myrtle Rothschild und hat einen Sohn und eine Tochter, die in England leben. 2024 zogen Hanns Joseph und Myrthle Rothschild in eine Seniorenresidenz und der Hausstand musste aufgelöst werden. Myrtle Rothschild starb im Juni 2024. Hanns Joseph Rothschild wird am 14. Juli 2025 95 Jahre alt und ist der älteste in Melsungen geborene und heute noch lebende Angehörige einer jüdischen Familie von hier.

Hanns-Joseph-Rothschild-und-Louis-Freedberg. Foto: Regionalgruppe Nordhessen-Südniedersachsen

Es dauerte nun zehn Monate, bis der Bücherschrank am 14. März 2025 in Felsberg ankam. Dank der engen und guten Zusammenarbeit mit Christopher Willing fand das Möbelstück in der Synagoge der Jüdischen Liberalen Gemeinde Nordhessen „Emet weshalom“ einen geeigneten und würdigen Platz, den es leider in Melsungen nicht gab. Dass dies möglich war, ist auch der Hilfe der Kinder von Hanns Joseph Rothschild sowie Mitarbeiterinnen verschiedener Organisationen in Südafrika, Holland und Deutschland zu verdanken, die sowohl beim Transport als auch bei der Bearbeitung aller Formalitäten behilflich waren. Auch die Befreiung von Zoll und Einfuhrsteuern in Deutschland durch die Generalzolldirektion erleichterten die Einfuhr. Die Kosten, die für die Rückführung des Schrankes anfielen, belaufen sich auf 2.700 €. Einen Großteil davon übernahmen die Jüdische Liberale Gemeinde, der Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ sowie weitere Spender.

Über weitere Spenden auf das Konto des Vereins zur Rettung der Synagoge Felsberg e.V. (IBAN DE29 5205 2154 0030 3915 77, BIC HELADEF1MEG) würde sich der Verein sehr freuen und bedankt sich ganz herzlich dafür.

Der Bücherschrank bietet nicht nur die Möglichkeit, als solcher von der jüdischen Gemeinde in Felsberg genutzt zu werden, sondern er wird auch in der pädagogischen Arbeit im Rahmen der Bildungs- und Erinnerungsarbeit eingesetzt werden. An ihm kann sowohl die Geschichte der jüdischen Familien Rothschild und Levy als auch jüdisches Leben in unserer Region dargestellt werden. Eine offizielle Einweihung mit Angehörigen ist geplant.